Kräuter, Feuer und ganz viel Leidenschaft
Die Villa Hundert hoch über Engelberg ist mehr als ein stilvolles Boutique-Hotel. Die beiden schwedischen Gastgeber begeistern mit konsequent saisonaler Küche.
Natürlich kennt Christian Brangenfeldt sie genau – die Berge, die man von der Villa Hundert oberhalb von Engelberg aus erblickt. «Graustock, Jochpass, Titlis, man sieht sie alle», meint er strahlend.
Unten streift derweil John Jezewski durch den Garten und pflückt Wiesenkräuter wie Bärlauch-Blüten, Gundermann oder Vergissmeinnicht für seine Natur-Küche.
Das Gebäude aus den 60ern war einst ein Lungensanatorium und wirkt von aussen unscheinbar. Doch die beiden Schweden haben dem Haus zusammen mit Eigentümerin Anna Lisa Braun frisches Leben eingehaucht und es 2022 eröffnet.
Zum Snowboarden gekommen und geblieben
Die Villa Hundert nennen sie «Boutique Mountainescape» und haben sie mit Holz, Schieferböden und sanften Schwarzweiss-Akzenten im nordischen Stil eingerichtet. Neun Zimmer mit insgesamt 22 Betten stehen den Gästen zur Verfügung.
Die Schweden sind einst wegen ihrer Snowboardleidenschaft nach Engelberg gekommen und hängengeblieben.
Noch ist nicht alles so, wie es sich die beiden gelernten Köche wünschen. Im Erdgeschoss neben dem Konferenzraum entsteht gerade ein Spa-Bereich, der bis nächsten Winter fertig sein soll.
Brangenfeldt steigt eine Treppe tiefer, wo sich neben dem reich bestückten Weinkeller der Keller mit unzähligen Einmachgläsern mit Fermentiertem befindet.
«Dies ist unsere Geschmacksbibliothek», erklärt der 39-jährige Gastgeber, Sommelier und Mann für alles. Blaubeeren, Holunderblüten, Mais, Kefen, Spargeln und Birnenessig reihen sich auf, von der Decke hängen wohlduftende Kräuterbüschel.
Gemeinsam auf Bühne
Damit zaubert Chefkoch John Jezewski (33) mit seiner Crew eine konsequent saisonale Küche mit ausschliesslich Schweizer Produkten auf den Teller. «Wir sammeln, ernten und verarbeiten selbst, was immer möglich ist.»
Konsequent saisonal heisst für ihn: Im Winter gibt’s halt nichts aus dem Garten, sondern eben aus dem Keller.
Auch wenn seine Küche vom Norden beeinflusst ist, geht er doch seine eigenen Wege. Und diese zeigen sich in einem gekonnten Zusammenspiel von Aromen, mit einer ausgesprochenen Hingabe und einer aussergewöhnlichen Kreativität.
Das sei nicht nur dank ihm so möglich, meint Jezewski in aller Bescheidenheit. Seine Crew funktioniere wie eine Musikband.
«Jeder von uns bringt seine persönlichen Noten ein und trägt so zum Resultat bei». Sie spielten früher tatsächlich in einer Band namens Snake Hands – heute haben sie keine Zeit mehr dafür.
14 Gault-Millau-Punkte schon kurz nach der Eröffnung
Doch was sie zusammen auf den Teller zaubern, kommt mit einer Freude und Leidenschaft daher, die man im Gaumen spürt. Ein Erlebnis der Sinne, das auch den Gastroführern aufgefallen ist. So wurde die Villa Hundert schon kurz nach Eröffnung mit 14 Gault-Millau-Punkten ausgezeichnet.
In ihrer neu eingerichteten Küche werden am Herd die letzten Handgriffe ausgeführt. Währenddessen singt Chefkoch John zum Song «Lyssna till ditt hjärta» (Hör auf dein Herz) von Maritza Horn mit.
Was er vorher im Garten gesammelt hat, steht schon bald als Appetizer auf dem Tisch. Ein gefülltes Radieschen mit gerösteter Poulethaut und Pouletleber oder ein Wildkräuterblatt mit geräuchertem Lachs und Vergissmeinnicht-Blüten. Liebevoll arrangierte Kunstwerke, die man sich gar nicht zu essen traut.
Der nächste Gang stellt weisse Spargeln in den Mittelpunkt. Sie werden mit feinstem Lardo sowie Wildkräutern und Zwetschenkernschaum begleitet. «Ich möchte die Produkte möglichst in ihrer ganzen Reinheit zeigen», erklärt Jezewski seine Philosophie.
Lokale Produkte
Deshalb sind für ihn die Produzenten von grösster Wichtigkeit. Der Käse kommt vom lokalen Käser Sälmi Töngi. Das Fleisch von Holzenfleisch Ennetbürgen und Gemüse sowie Früchte stammen aus Hünenberg und Oberdorf.
Eine weitere grosse Leidenschaft von John Jezewski ist das Feuer. Da ist es nur logisch, dass er und Christian Brangenfeldt auch beim «Food Unplugged» mitwirkten. Dieses einzigartige Festival mitten im Wald bei der Talstation Fürenalp findet jeweils im Juni statt.
Die Köche kochen dort nur auf dem Feuer, ganz ohne Strom und Gas. «Die Stimmung am Festival ist so unglaublich gut, sowohl für uns Köche wie auch für die Gäste.»