Eine Winterwanderung mit Genuss und Schuss
Winterwandern hat sich zuletzt von der Randerscheinung zum Mainstream entwickelt. Diese Wanderung bei Madulain GR zeigt perfekt, was den Reiz ausmacht.
Das Wichtigste in Kürze
- Winterwandern wird immer mehr zum Volkssport. Ein grosses Wegnetz hat es im Engadin.
- Wir haben die Strecke von S-chanf nach Madulain unter die Füsse und Kufen genommen.
Die beliebteste Sportart der Schweizer soll ja das Wandern sein. Etwa vier Millionen Schweizer über 15 Jahre sind regelmässig auf den etwa 65'000 Kilometern Wanderwegen unterwegs. Doch nicht nur das: Das Wandern hat in den letzten Jahren auch den grössten Zuwachs an Beliebtheit erlebt.
Doch wie sieht es eigentlich im Winter aus? Die Zeiten, als Winterwanderer mehr toleriert als geschätzt wurden rund um die Skigebiete sind nicht lange vorbei. Man stapfte aus der Bergstation, huschte über die Piste und war dann endlich eingefädelt auf einem Winterwanderweg. Auch wenn es nur ein kurzer Loop war und man nach einer halben Stunde wieder vor der dröhnenden Schneebar stand.
Natürlich ist das etwas überzeichnet. Aber Tatsache ist: Das Winterwandern hat sich in den letzten Jahren erstaunlich entwickelt. Von der Randerscheinung bis zum Mainstream – und diesen Begriff darf man ruhig buchstäblich verstehen.
Denn bereits vor 2016 nannten etwa die Gäste aus Deutschland das Winterwandern als beliebteste Sportart, noch vor dem Skifahren.
Los also, und dies gleich in die Region mit dem grössten Winterwanderweg-Netz der Schweiz: das Oberengadin. Die 250 Kilometer dürften genügen, um gleich ein paar Wochen zu füllen, oder, wer will, mindestens ein Dutzend Wochenenden.
Doch wo beginnen? Das kann man natürlich überall, hier stellen wir aber einen besonderen Leckerbissen vor. Er führt von S-chanf nach Madulain, und zwar mit ein paar eingebauten Überraschungen.
Kulinarische Zwischenstopps
S-chanf erreicht man leicht mit der Rhätischen Bahn. Und wandert man am westlichen Ende des Dorfes unter dem Bahntrassée durch, ist man bereits korrekt eingefädelt. Über weite, sanft geneigte Hänge geht es ins nächste Dorf, nach Zuoz.
Wer hier eine Stärkung wünscht, vielleicht gleich in Form eines gedeckten Apfelkuchens mit Zimt, kann dies in der Konditorei Klarer tun. Sie hat ihre Räumlichkeiten in einem wunderschönen, historischen Engadinerhaus auf dem zentralen Platz.
Von Zuoz geht’s weiter, und dies nun meistens bergauf, via Castell. Und etwa zwei Stunden später (ab Kaffee-Stop) erreicht man die Alp Es-cha Dadour.
Das ist im Sommer eine Alp mit Vieh und jetzt, im Winter, einfach ein wunderbarer Ort für einen Lunch. Entweder draussen auf der Terrasse (mit tollem Ausblick) oder bei Hudelwetter drinnen in der heimelig eingerichteten Stube.
Abermals kulinarisch versorgt geht es zurück ins Tal, nach Madulain. Für den Abstieg sollte man mit etwa einer Stunde rechnen. Und vom Dorfkern kann man mit Bus oder Zug talauf- oder talabwärts ausschwärmen und seine wohlige Unterkunft ansteuern.
Genuss und Schuss wurden versprochen, und darauf möchten wir hier nochmals kurz eingehen und das Versprechen einlösen. Natürlich gibt es auch günstige Möglichkeiten zu übernachten, etwa in der Jugendherberge in Pontresina und in derjenigen in St. Moritz.
Aber man darf sich ja auch mal etwas gönnen, und dafür haben wir gleich mehrere Vorschläge. Übernachten in der Villa Flor in S-chanf. Das ist ein kleines, von Ladina Florineth persönlich geführtes Boutique-Hotel (Garni). Eingerichtet mit viel Gespür in einem herrschaftlichen Haus und veredelt mit regelmässigen Kunstausstellungen.
Der zweite Tipp, bodenständig und chüschtig: ein Fondue auf der Alp Es-cha Dadour, frisch gemacht mit überaus leckerer Käsemischung. Tipp drei, schnell und flitzig: statt ins Tal wandern, sich auf einen (vorreservierten) Schlitten setzen und über die Waldstrasse ins Tal sausen.
Und als vierten Tipp, für ein Nachtessen mit Stil, das Restaurant Dorta in Zuoz. In einem uralten, umgebauten Bauerngehöft, beispielsweise mit Zuozer Heusuppe und Capuns Sursilvans.
Wer gleich zwei Abende in der Region verbringt, kann das Wochenende mit einem Nachtessen in der «Krone La Punt» abschliessen. Sie ist mit dem britischen Sternekoch James Baron nach wie vor ein Highlight in der regionalen Genuss-Landschaft.
Die Wanderung: Startpunkt ist S-chanf. Die Route führt über Zuoz und Castell zur Alp Es-cha Dadour, dann mit dem Mietschlitten nach Madulain.
Wanderstrecke 7,1 Kilometer, 480 Meter Aufstieg, 80 Meter Abstieg, circa 3,5 Std.