Stein auf Stein: Warum Steintürme Natur und Kultur schaden können
Das Stapeln von Steinen ist eine der ältesten Kunstformen der Menschheit. Aber sie ist auch umstritten. Wir erklären, wieso.
Das Stapeln von Steinen ist eine uralte Kunstform, doch in Zeiten von Social Media hat es eine neue Dimension erreicht. Einst Wegweiser oder spirituelles Symbol, wird das Steintürmchen heute oft nur für das perfekte Foto inszeniert, mit teils verheerenden Folgen.
Wandert man durch nahezu jedes Gebiet dieser Welt, stösst man früher oder später auf kunstvoll gestapelte Steine. Manche nennen sie Steinmännchen oder Cairns, andere sprechen von Gebetssteinhaufen.
In den letzten zehn Jahren hat diese Praxis dank der sozialen Medien einen regelrechten Boom erlebt. Die wenigsten wissen jedoch um die Kontroversen rund ums Steinstapeln – besonders in Nationalparks und geschützten Gebieten.
Gefahren und Nutzen des Stein-Stapelns
Auf den ersten Blick scheint das Aufeinanderlegen von Steinen harmlos zu sein. Aber je nachdem, wen man fragt, fallen die Antworten anders aus.
Es kann es sich dabei um ein lebensrettendes Navigationssystem handeln, eine Form der Meditation oder aber zur ökologischen Bedrohung werden. Tatsächlich können gut platzierte Cairns Leben retten und dienen in vielen Gegenden als wichtige Orientierungshilfen.
Sie werden z.B. im Carlsbad Caverns Nationalpark und im Hawaii Nationalpark von Parkrangern aufgestellt, um Besucher durch die Wildnis zu leiten. Bevor Sie also anfangen, Steinmännchen umzuwerfen, sollten Sie überlegen, warum sie hier aufgestellt wurden.
Von der Tradition zum Trend
Unsere Vorfahren nutzten Cairns als erste Form des Bauens: Ein paar Steine übereinander gestapelt konnten den Anfang eines Unterschlupfs oder einer Nahrungsquelle markieren.
In Tibet wurden sie in Zeremonien verwendet, um Glück herbeizurufen und energetische Ungleichgewichte auszugleichen. Heute hat die Beliebtheit von Steinhaufen weniger mit ihrer ursprünglichen Funktion und mehr mit Social Media zu tun.
Der Künstler Michael Grab, besser bekannt unter seinem Pseudonym Gravity Glue, sieht darin einen internationalen Kunsttrend. Sehr zur Missgunst vieler Naturschützer.
Kritik an der neuen Kunstform
Neben verlorenen Wanderern kann das Stapeln von Steinen auch kulturell unsensibel sein. Nicht nur gegenüber den einheimischen Bewohnern ist es problematisch, sondern es kann auch erhebliche Auswirkungen auf lokale Ökosysteme haben.
Selbst wenn sie sicher platziert sind, empfinden viele Naturfotografen und Outdoor-Liebhaber Steinhaufen als störend für das unberührte Landschaftsbild.
In den meisten Parks verbietet die Nationalparkverwaltung das eigenmächtige Aufstellen von Cairns. Das Ritzen von Initialen in Bäume oder das Hinterlassen von Müll fällt in dieselbe Kategorie und wird mit Busszahlungen geahndet.
Faziz zum Steinstapeln
Grundsätzlich ist das Stapeln von Steinen nicht immer schädlich. Für viele Menschen kann es sogar therapeutisch sein oder einen künstlerischen Ausdruck finden.
In den entlegensten Gegenden der Erde können Steinhaufen Leben retten. Wer dem Drang, am Wegesrand einen Steinturm zu errichten, nicht widerstehen kann, sollte ihn auf dem Rückweg wieder abbauen.
Bringen Sie die Steine wieder dorthin zurück, wo sie herkamen und Sie sind auf der sicheren Seite. Genauso wie alle verlorenen Wanderer.