Die Götterinsel Bali vom Oldtimer aus entdecken
Die Naturwunder Balis als Roadtrip: Der VW-Kübelwagen kommt hin, wo andere Geländewagen aufgeben.
Was für Havanna der US-Oldtimer ist, ist für Bali der VW-Kübelwagen. Den Weg auf die Insel im Indischen Ozean fand er in den 60er Jahren, als Bali noch Drittweltgebiet war.
Die Wege rudimentär, die abgelegenen Dörfer schwer erreichbar – bis das deutsche Bundesheer die indonesische Regierung mit dem «Kurierwagen 181» belieferte. Ursprünglich wurde dieser im Krieg als Pendant zum US-Jeeps entwickelt (den Spitznamen Kübelwagen verdankt er den schalenartigen Wannensitzen).
In den 70er-Jahren erhielt Indonesien die Herstellungslizenz. Seit 1981 wird das Auto nicht mehr produziert. Heute gibt es auf Bali gerade noch 160 dieser Liebhaberautos. Es sind genau 14 Besitzer, die in ihren Wagen Touristen über die Insel chauffieren.
So beginnt ein Nostalgietrip im klassischen Cabrio, in dem man immer die Übersicht behält. Verschiedene Reiseanbieter bieten Oldtimer-Touren an; Tourasia ist einer davon.
Durch über 30 Jahre als Reiseorganisator kennt Tourasia-Geschäftsführer Stephan Roemer die Insel wie seine Westentasche. Und er ist auch mit den balinesischen Fahrern eng verbunden. So wird auf Bali im Auto, das Geschichte schrieb, die Geschichte des Tourismus weitergeschrieben.
Abseits der Hauptstrassen
Im Vergleich zu gängigen Geländewagen ist der VW besonders schmal, was ihm das Durchkommen ermöglicht, wo andere Autos scheitern. «Nur 20 Prozent der Insel sind touristisch genutzt», erläutert Roemer. «Ausserhalb der Hauptverkehrsstrassen und der Städte sind die Strassen nicht mehr asphaltiert. Dass man durchgeschüttelt wird, gehört dazu – man sollte keine ausgeprägte Antipathie gegen Schlaglöcher haben!»
Da die stolzen Besitzer selbst am Steuer sitzen, ist gewährleistet, dass sie diese Zeitreise besonders umsichtig vornehmen. Im tropischen Regen kann sich eine Strasse schnell in etwas verwandeln, das Ähnlichkeit mit Schmierseife hat. Dass man ohne Dach vom Monsun überrascht werden kann, ist keine Seltenheit. Doch «in diesem wunderbaren Klima trocknet alles recht schnell», sagt Roemer.
So brummt der Safari-Wagen mit 44 PS, weniger als einer Tonne Gewicht und üblicherweise nicht mehr als zwei Passagieren davon. Mühelos geht es zum Batukaru Vulkan, der auf 2276 Metern Höhe liegt. Auch kann er die Tegalalang-Reisterrasse befahren, ein UNESCO-Weltkulturerbe, wo man die Bauern bei dieser traditionsreichen Arbeit beobachten darf.
In der üblicherweise viertägigen Inselrundreise werden Sehenswürdigkeiten auf wenig befahrenen Nebenstrassen erreicht. An der Strecke liegen der Palast von Ubud, die Elefantenhöhle von Goa Gajah und das Sacred Monkey Forest Sanctuary. Und Zwischenstopps werden bei Kakao-, Kaffee und Vanillaplantagen eingelegt.
Flexible Verkehrsregeln
Die indonesischen Verkehrsregeln werden streckenweise recht flexibel ausgelegt. Wenn die Balinesen beispielsweise eine Zeremonie in ihrer farbenfrohen Hindu-Kultur durchführen, kann es vorkommen, dass der Verkehr zum Stillstand kommt. Am jährlichen «Tag der Stille», dessen Datum durch Sonne und Mond bestimmt wird, sind die Strassen menschenleer.
Durch Balis Lage nahe am Äquator sorgt die Sonne für eine intensive Farbpalette, was Outdoor-Aktivitäten besonders eindrücklich macht. Und natürlich ist während der Fahrt durch Flora und Fauna auch die Tierwelt aus dem offenen Wagen zu bestaunen. Dass die Javaneraffen – die Langschwanzmakaken – ganz versessen auf Handtaschen sind, die griffbereit auf dem Rücksitz liegen, ist bekannt.
Aufgetankt wird in den Zentren, da auf dem Land kaum Benzinzapfsäulen anzutreffen sind. «Eine Panne kann Teil des Abenteuers werden», sagt Roemer. Doch er weiss, dass die Fahrer jeder Herausforderung gewachsen sind. So, dass solche Erlebnisse lediglich zu erzählenswerten Anekdoten, nicht zum waghalsigen Trip werden.
Und noch ein Tipp: da in Balis Zentren Staus keine Seltenheit sind, empfiehlt sich, VW und Fahrer in Aussenbezirken statt im Hotel zu treffen.
Seine letzte Fahrt im Kübelwagen liegt erst ein Jahr zurück. Doch schon bald zieht es Stephan Roemer wieder zu seinen Freunden, den VW-Fahrern von Bali.